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Beitrag vom 13.12.2007
La fine del mare
Franziska Eva-Maria Steier
Regisseurin Nora Hoppe beschreibt in ihrem neuen Film die anstrengende Begegnung zweier verlorener Seelen: des einsamen Schmugglers Todor und der nicht minder einsamen Nilofar.
Triest - der Name steht synonym für diese Stadt - ist jener Ort, an dem Todor sich mit Schmugglerei mehr schlecht als recht über Wasser hält. Seine Frau ist seit fünf Jahren tot, das Leben liegt in der Vergangenheit und geblieben ist nur der kleine Traum nach einem eigenen Stück Land in Herzegowina.
Sein Leben ändert sich allerdings mit einem besonderen Schmugglerauftrag, den der Serbe zunächst gar nicht annehmen wollte. Auf seinem Kutter überkommt ihn die Neugier, und er entdeckt ungewöhnliche, nämlich menschliche Ware. Er sollte eine junge Frau transportieren, die offensichtlich einem Mädchenhändlerring zum Opfer gefallen ist. Nach anfänglicher Ratlosigkeit nimmt er die Bewusstlose mit nach Hause. Die Unbekannte namens Nilofar hat keine Papiere mehr und nur noch ein Ziel: Paris! Todor beschließt, ihr zu helfen und muss dafür viel, sehr viel opfern...
"Ich wollte die zufällige Begegnung zweier Menschen porträtieren, zweier verwundeter Seelen, die sich in einer Extremsituation befinden...", sagt Regisseurin Nora Hoppe über ihren Film. Sie lässt in "La fine del mare" zwei einsame Charaktere aufeinander prallen, die Sehnsucht nach Wärme hegen, doch verlernt haben, wie sie sich einem anderen Menschen annähern. Der Eine verlor einen geliebten Menschen, die Andere ist seit ihrer Kindheit auf der Flucht. Sie trauen noch nicht einmal einander, doch ihnen bleibt keine Wahl. Die Schicksale verbinden sich miteinander, so sehr sie sich auch dagegen wehren, denn die beiden, "...die vor ihrer Vergangenheit und vor emotionalen Bindungen flüchten, [sehnen] sich dennoch, in kurzen Momenten, nach menschlichem Kontakt [...], der ihrem Leben einen Sinn verleiht."
Wer die Hülle des anderen sieht, meint oft, das sei schon alles und sucht gar nicht weiter. Doch so wie das Meer nicht am Horizont endet, sondern immer weiter führt, so geht auch die Seele der ProtagonistInnen tief – bis zu einem Punkt, wo doch noch etwas Liebe für andere übrig geblieben ist. Oberflächlich ist ihr Leben aber von Unruhe erfüllt, die nicht nur erzählt, sondern auch filmisch umgesetzt wurde. Hoppe arbeitet bewusst mit langen, atmosphärischen Einstellungen, die teilweise abrupt enden. Die Situation soll offen bleiben, die Spannung und Verstörtheit zu spüren sein.
Zur Regisseurin: Geboren 1954 in New York, verbrachte Nora Hoppe einen Großteil ihrer Kindheit in Surinam. Nach Abschluss des Kunst- und Theaterstudiums an der Carnegie Mellon University in Pittsburgh lebte und arbeitete sie in London, Rom, München, Paris, Rotterdam und Sankt Petersburg. Zur Zeit lebt sie in Berlin und Aix-en-Provence. Über die Jahre arbeitete sie u.a. als Malerin, Autorin von Kurzgeschichten und Drehbüchern sowie in verschiedenen Bereichen der Filmproduktion. Zu ihren eigenen Filmen zählen der in Zusammenarbeit mit dem Team Alexander Sokurovs entstandene Kurzfilm Brief Gardens (1994) und ihr erster Spielfilm The Crossing (1999), der im Wettbewerb des Filmfestivals von San Sebastián uraufgeführt und in Bordeaux mit dem Vague d`Or für das beste Drehbuch und in Belgrad mit dem FIPRESCI-Preis ausgezeichnet wurde. (Quelle Piffl Medien)
AVIVA-Fazit: Ein schwieriges Thema wurde schwierig umgesetzt. Die außergewöhnlich langen Momentaufnahmen sollen dazu dienen, in Ruhe die Umgebung kennenzulernen und auf Details zu achten. Leider wurde es damit übertrieben und nach schier endlosen Sekunden kommt die Frage auf: "Was soll ich denn hier noch finden?". Das Sehen wird mühsam. Verstört und gespannt fühlen sich die ZuschauerInnen tatsächlich, aber ohne dies auf den Inhalt des Films zu beziehen, der darunter schließlich leidet.
La fine del mare
Frankreich/Deutschland/Italien 2006
Buch & Regie: Nora Hoppe
Miki Manojlovic, Diana Dobreva, Luigi Maria Burruano
110 Minuten
Kinostart: 13.12.2007
Verleih: Piffl Medien
Weitere Infos unter: www.piffl-medien.de/la_fine_del_mare